Im Jahr 2000 wurde der Europäische Forschungsraum ins Leben gerufen. Seine Verwirklichung ist seit dem Vertrag von Lissabon 2009 ein vertraglich festgehaltenes Ziel der Europäischen Union (Artikel 179 Absatz 1 AEUV). Der Europäische Forschungsraum soll ideale Rahmenbedingungen für Forschende europaweit bieten, Ressourcen der Mitgliedstaaten bündeln und den freien Austausch von Forschenden, Wissen und Technologien ermöglichen.
In den zurückliegenden Jahrzehnten ist bereits viel geleistet worden: von der Errichtung gemeinsamer Forschungsinfrastrukturen bis zu länderübergreifenden Forschungsagenden und -programmen. Nicht zuletzt sind die EU-Rahmenprogramme für Forschung und Innovation zentrale Instrumente, die den Europäischen Forschungsraum mit Leben füllen.
Horizont Europa ist das bislang größte europäische Rahmenprogramm und auch weltweit gibt es wenig Vergleichbares.
Europa braucht einen starken Europäischen Forschungsraum
Die Europäische Kommission würdigte in ihrer Mitteilung vom 30. September 2020 die Erfolge des Europäischen Forschungsraums, wies aber auch auf Defizite bei seiner Umsetzung hin. Die Mitgliedstaaten verabschiedeten am 1. Dezember 2020 dazu Ratsschlussfolgerungen und formulierten darin ihre Vision des Europäischen Forschungsraums bis 2030. Insgesamt sind die Herausforderungen größer und die Politikziele der EU ehrgeiziger geworden – die Vertiefung des Europäischen Forschungsraums soll unter anderem zur Bewältigung von Herausforderungen wie zum Beispiel dem ökologischen und digitalen Wandel Europas beitragen. Mit der Verabschiedung des Europäischen Pakts für Forschung und Innovation am 26. November 2021, der eine Laufzeit von zehn Jahren hat, wurden vier neue Prioritäten für die Neuausrichtung des Europäischen Forschungsraums festgelegt.
Vier neue Prioritäten für den Europäischen Forschungsraum
Der EU-Pakt für Forschung und Innovation enthält folgende Prioritäten:
1. Vertiefung des Europäischen Forschungsraums
Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Wirtschaft werden länderübergreifend noch enger im Europäischen Forschungsraum zusammenarbeiten. Das soll systematisch gefördert werden:
- durch eine bessere Koordinierung des Hochschul- und des Forschungssektors;
- durch ein Mobilitätsprogramm für den Austausch von Personal zwischen Wirtschaft und Forschung;
- durch einen Europäischen Kompetenzrahmen für Forschungslaufbahnen, der Mobilität erleichtert und eine Brücke zu Wirtschaft und Arbeitsmarkt baut.
Zudem setzt die Europäische Kommission ehrgeizige Ziele für gemeinsame europäische Forschungsinfrastrukturen, die auch Dateninfrastrukturen wie die Open-Access-Plattform Open Research Europe und die European Open Science Cloud umfassen.
2. Den ökologischen und digitalen Wandel vorantreiben
Der ökologische und digitale Wandel wird nur gelingen, wenn die Forschungs- und die Industriestrategie der EU aufeinander abgestimmt sind. Nur konzertiertes Vorgehen ermöglicht der EU, im globalen Kontext in wichtigen Technologiebereichen wettbewerbsfähiger und souveräner zu werden. Der Ergebnistransfer und die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gehören deswegen zu den neuen Prioritäten in Horizont Europa. Gemeinsame "Industrie-Technologie-Fahrpläne" sollen künftig für einen besseren Transfer sorgen.
3. Verbesserter Zugang zu Exzellenz
Noch immer gibt es in der EU sehr große Unterschiede zwischen den leistungsschwächeren und den führenden Forschungssystemen. Dieser Schwerpunkt zielt darauf ab, diesem Gefälle entgegenzuwirken und die Mobilität und den Austausch innerhalb des Forschungssystems zielgerichtet zu fördern. Zugleich sollen die Mitgliedstaaten, die ihre Forschungssysteme im EU-Vergleich bislang unterdurchschnittlich finanziert haben, ihre Investitionen erhöhen.
4. Priorisierung von Investitionen und Reformen
Als eine Schlüsselmaßnahme bekräftigt die Mitteilung das Ziel, 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in der EU in Forschung und Innovation zu investieren. Bis spätestens 2030 sollen die Mitgliedstaaten zudem 5 Prozent ihrer Förderung für gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprogramme und europäische Partnerschaften bereitstellen.
ERA-Policy-Agenden – ambitionierte Zielsetzungen für die Umsetzung des Europäischen Forschungsraums
Die gemeinsame Umsetzung des EU-Paktes erfolgt durch die sogenannten ERA-Policy-Agenden mit jeweils ca. 3-jähriger Laufzeit, welche mit konkreten Themen die Umsetzung der Prioritäten aufgreifen. Die Ende 2021 hierfür verabschiedete ERA-Policy-Agenda 2022-2024 legte den Fokus auf 20 konkrete Themen, unter anderem die Stärkung der Gleichstellung, Bürgerwissenschaften, die Verbesserung von Rahmenbedingungen für Forschungslaufbahnen oder Open Science und Wissenschaftsmanagement.
Die Einführung der ERA-Policy-Agenden erforderte eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission, den Mitgliedstaaten, Regionen und Stakeholderorganisationen aus der Wissenschaft. Ende 2021 wurde daher das "ERA Forum" gegründet, um die Umsetzung der ERA-Policy-Agenden voranzutreiben und bietet eine Plattform für die gemeinsame Ausarbeitung, Koordination und Umsetzung von EFR-Initiativen. Seit 2023 werden die Fortschritte bei der Umsetzung der ERA-Policy-Agenden durch einen Monitoring-Prozess begleitet.
Mehr Informationen zum Europäischen Forschungsraum erhalten Sie auf der Webseite des EU-Büros des BMBF.